Mehrere Deutschklassen der 12. Jahrgangsstufe behandeln gerade im Unterricht die Lektüre „Terror“ von Ferdinand von Schirach. In dieser geht es um folgende Situation:
Ein entführtes Flugzeug steuert auf die vollbesetze Allianzarena zu. Zu dem Flugzeug ist keine Funkverbindung möglich. Die ausgesandte Alarmrotte, bestehend aus zwei Eurofightern ist hinter dem Flugzeug her. Nachdem mehrere Abdrängungsversuche und auch die Warnschüsse keine Reaktion hervorbrachten entschied sich der Protagonist, Lars Koch, das entführte Flugzeug abzuschießen. Dabei nahm er 164 Menschen augenblicklich das Leben. Das Flugzeug stürzte über einem Kartoffelfeld ab und explodierte. Es gab keine Überlebenden. Unter den Toten sind auch Kinder. Andererseits rettete Lars Koch damit das Leben von 70 000 Menschen.
Das Buch beschäftigt sich mit der Gerichtsverhandlung, die auf die Festnahme des Majors Koch folgte, nach dem dieser schon sieben Monate in Untersuchungshaft gesessen ist. Die Verhandlung soll die Frage der Schuld bezüglich dem Angeklagten klären. Doch ist es schnell klar, dass die nicht so einfach möglich ist. Denn das Stadion hätte geräumt werden können, problemlos. Die Passagiere in dem entführten Flugzeug hätten es vielleicht geschafft den Entführer zu überwältigen. Aber das ist nicht passiert. Letzteres ist durch den Schuss Kochs nicht mehr möglich gewesen, wobei es dennoch nicht sicher ist, ob es wirklich funktioniert hätte. Wie ist in diesem Fall also zu reagieren? Den eindrücklichen Befehl des Verteidigungsministers nicht zu schießen zu befolgen und entweder 70 000 Menschen oder gar 70 164 Menschen sterben zu lassen und dabei zuzusehen? Oder doch wie Lars koch das Leben von 164 Menschen beenden und dafür das von 70 000 zu retten? Darf man Leben gegen Leben abwägen? Ist ein Leben mehr wert als das des anderen? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Buch. Und welche Handlung ist schlussendlich die richtige? Kann man das überhaupt sagen?
Gar nicht so einfach. Denn hier muss eine Person eine schwerwiegende Entscheidung fällen, die nicht einmal die Gesellschaft zusammen eindeutig zu treffen vermag. Wie bitte soll dann eine einzige Person alleine, unter größtem Druck und in wenigen Minuten die richtige Entscheidung finden? Gibt es in solch einer Situation überhaupt ein richtig und ein falsch? Ja es gibt das Luftsicherungsgesetz, welches verordnet, dass ein Flugzeug in dieser Situation abgeschossen werden darf, wenn der amtierende Verteidigungsminister den Befehl dazu geben. Allerdings wurde dieses vom Bundesverfassungsgericht für nicht zulässig erklärt. Wer also entscheidet nun in so einer Situation was getan werden muss? Denn ein neues Gesetz, welches eine derartige Problemstellung regelt, gibt es nicht. Wie also soll man nun wissen, welche Handlungsmöglichkeit angemessen ist?
Sollte jemand wie Lars Koch dafür schuldig erklärt werden müssen, der es für richtig empfindet lieber 164 Menschen zu töten, um eine noch größere Katastrophe zu verhindern, wenn es nicht einmal ein gültiges Gesetz gibt, welches diesen Fall regelt. Der wichtigste Paragraf, der hier zählt, ist der erste. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. „Der ist jedem bekannt. Doch wenn man diesem verfolgt und nicht einschreitet, zulässt, dass im schlimmsten Fall 70 164 Menschen unschuldig ihr Leben verlieren, ist das dann nicht auch unterlassene Hilfeleistung?
Es ist also zu sehen, dass ein solches Dilemma nicht so einfach zu lösen ist. Es gibt immer Gründe für die Schuldfrage aber gleichzeitig auch immer welche dagegen. Und auch wenn ein Gesetz einen derartigen Vorfall regelt, wer sagt, dass diese Regelung richtig ist? Das hier ist also ein Thema, mit dem sich die Gesellschaft immer wieder beschäftigen werden, muss. Ein Thema, welches nie vollkommen verschwinden wird und immer wieder aufs Neue für anregende Diskussionen führen wird. Man selbst wird dies nicht ändern können, aber was jeder Einzelne mache kann, ist sich eine eigene Meinung hierzu zu bilden! Ja es ist sogar wichtig dies zu tun, auch wenn es mit Sicherheit nicht die leichteste Meinungsfindung sein wird.
(Bild: Internetquelle: https://www.presseportal.de/pm/6694/3313376)